Eine MOS Technology 6502 oder 6510 CPU haben noch so einige von Euch da draußen, wenn auch nur im Keller oder auf dem Dachboden (dort hoffentlich gut eingetütet). Verbaut im Commodore VC 20 oder – natürlich – im C64 – ruht das 6502 CPU-Design, welches für viele von uns den Einstieg in den Computerwahnsinn bedeutet hat.
Da hockte man vor fast schon vier Jahrzehnten bis um drei Uhr in der Frühe vor dem C64, obgleich in wenigen Stunden Schulbeginn war. Mit ausgetrockneten Augen saß man vor dem Bullauge des kleinen Röhrenfernsehers (wer hatte schon einen Commodore 1802 Farbmonitor?) und bastelte endlos am Basic-Spaghetticode oder feilte tapfer an den ersten Assembler-Gehversuchen. Selbstredend mit einem aufgeschlagenen Data Becker Buch und etlichen 64er-Ausgaben auf dem Tisch, denn das World Wide Web sollte erst ein Jahrzehnt später erfunden werden.
Die wenigsten Computer-Frühzeitler unter uns haben im dritten Jahrzehnt des Folgejahrtausends noch immer Ihren 8-Bit-Rechenknecht produktiv im Einsatz. Obgleich ich schon einige 8-Bit-Unverbesserliche kenne, die da IRC auf dem 64er machen (!) oder, einem süßen Ritus folgend, an jedem Sonntag ein halbes Stündchen Giana Sisters auf originaler Hardware zocken. 🙂 Nun denn. Auch wenn wir in anderen Zeiten und Computer-Leistungssphären angekommen sind, so bleibt die 6502-Prozessorfamilie insofern wertvoll, als dass man diese Technik noch gut verstehen lernen kann. Die hiermit erworbenen Kenntnisse über die Vorgänge in der CPU zur Laufzeit der Software sind durchaus auf heutige Prozessoren übertragbar. Die aktuellen Boliden sind nämlich locker imstande, den lernfreudigen Geek mit ihrer Integrationsdichte und der schieren Komplexität in den lähmenden Zustand eines Gefühls persönlichen Unvermögens zu versetzen.
Drum hab ich da ganz einen feinen Tipp in Sachen MOS 6502 Grundbildung! Und ja, der Yogatyp kommt zur Sache und legt endlich den Kern dieses Blogposts offen: die Empfehlung für ein beeindruckendes Webprojekt. 😉
Wenn man den MOS 6502 hernimmt, das Halbleiterscheißerchen dann in einem maximal-fummeligen handwerklichen Prozess Schicht für Schicht abschleift, zwischendrin alles hochauflösend fotografiert, im Anschluss mit den gewonnenen Daten die GESAMTE Funktionalität und gewissermaßen die Physik des kleinen Schätzchens versteht und in JavaScript abbildet, dieses dann auf einen Webserver unter der Domain visual6502.org packt, damit alle Wissbegierigen dieser Welt mit ihren HTML5-fähigen Browsern den MOS6502 forensisch und archäologisch Takt für Takt studieren können, dann garantiert das ganz sicher eine Reservierung für einen Premiumplatz im Hackerhimmel nach dem Diesseits.
Wie schön auch, dass die hochgesteckten Ambitionen ebenfalls vor dem Motorola 68000 nicht halt machen. So hat etwa das CPU Shack Museum einige 68000er an das Viusal 6502 Project geschickt und die haben Ihre hohe Kunst auch dem Herzstück des Amiga 500 und Atari ST angedeihen lassen. Die Ergebnisse sind hier zu bestaunen.
Netz-Projekte wie Visual6502 rufen einem ins Gedächtnis, von welchem Wert das World Wide Web in seinem Ursprung war und noch immer sein kann.