Viele Stunden neben dem Rechner und vor dem Monitor sehen doch weniger so aus, als würde man die ganze Zeit GTA V zocken, oder mit CATIA neue Flugzeugtriebwerke entwerfen. Vielmehr klicken wir uns im Webbrowser mehr oder minder ziellos durch dieses Internet, machen unsere Buchführung, bearbeiten E-Mails, hacken preisverdächtige Algorithmen in unseren Lieblingseditor Sublime Text unter Linux Mint Cinnamon, oder verbraten wertvolle Lebenszeit mit Gnome’s Mahjongg. Allen solchen Computingsszenarien ist eines gemein: Es braucht nicht das Zighunderwattmonster neben unserem Schreibtisch mit einem 1000-Watt-Netzteil, einer höheren einstelligen Zahl von Lüftern, gar Wasserpumpen, spinning disks und einer sich ihrem thermischen Ableben entgegen-langweilenden PCI-E Grafikkarte. Würde es für das anfangs beschriebene Easy Peasy Computing nicht eine ganz andere Kategorie von Rechner tun, ruhig mit mehreren Kernen, aber vielleicht ohne Lüfter, ganz klein, nur mit SSD, dann noch mit externem Netzteil und 12 Volt und so?
Wenn man ehrlich für sich reflektiert, wird schnell klar, dass man in der Summe aller Stunden vor’m Computer kleine Brötchen backt. So ist der zugrundeliegende Rechner für den Umgang mit dem Browser oder dem Texteditor zumeist völlig ‚oversized‘. Da sind Festplatten, die sich permanent drehen, ein oder zwei potente Grafikkarten, welche sich ihrem thermischen Lebensende hin langweilen und jede Menge Ventilatoren und gar Wasserpumpen. Alles schick, keine Frage, aber laut, stromhungrig und für’s am Artikelanfang beschriebene Nutzungsprofil in der Leistung wahrlich überdimensioniert.
Die vernünftige Alternative
Was mag also näher liegen, als sich für überschaubares Geld ein lautloses und kompaktes Arbeitstierchen zu basteln Dieses Rechnerchen muss heutzutage keineswegs mit zuwenig Leistung aufwarten. Es ist ein Glück, dass wir ja mittlerweile in Zeiten leben, da die hierfür in Frage kommende Hardware am Markt verfügbar und auch bezahlbar ist. Ich werde somit gleicht konkret und werfe als das in Frage kommende Mainboard für einen derart kleinen und leisen Vernunftrechner sogleich das von meinen HTPC-Projekten bekannte ASRock Q2900-ITX in den Raum. Zur Erinnerung: Fest verlöteter Intel Pentium J2900 Prozessor mit vier Kernen und einer Grundtaktfrequenz von 2,41 Ghz, integrierter Intel HD Grafikeinheit mitsamt der Unterstützung von zwei Bildschirmen, vier SATA-Ports, zwei SO-DIMM Steckplätze, welche maximal 16 GB RAM unterstützen, DVI-D und HDMI. Klar, in einer besseren Welt würde man sich jetzt noch den Support von ECC-RAM wünschen, aber da wollen unsere lieben Hersteller auch gleich mindestens das doppelte bis dreifache Geld für haben, weil sie den ’normalen Anwender‘ damit nicht im Blick haben. Sei es drum. Als Gehäuse wähle ich das oft nicht einmal 30 EUR kostende Mini-ITX-Chassis Chieftec IX-01B. Dieses robuste Ding ist wirklich kompakt, lässt sich mit den zwei mitgelieferten Standfüßen auch hochkant stellen und es ist am Ende des Zusammenbaus absolut tauglich.
Das Chieftec ist im Detail verbesserungsfähig
Soll nicht heißen, dass ich ohne Kritik bezüglich des Chieftec IX-01 sind. So fehlen Staubfilter und die Verarbeitungsqualität der Schraubenfassungen war bei dem mir vorliegenden Exemplar eine kleine Katastrophe. Oftmals bedurfte es gewisser Kräfte, so dass uns auch mir zwei Schrauben kaputtgingen. Es gab beim Schrauben sogar Metallspäne, welche ich zum Glück rechtzeitig und vor Einbringung des Mainboards gesehen habe. Denn Metallspäne auf einem hinterher im Betrieb befindlichen großen PCB will man ganz bestimmt nicht haben. Doch bedenket, liebe Leute, meine Erfahrung zeigt, dass kein Chassis wirklich perfekt ist. Zudem ist so ein Ding ja am Ende auch trotz aller kleinen Übel montiert und dann sieht’s schick aus und es verrichtet seinen Dienst. Wieder einmal gilt für mich die Doktrin, den kleinen Preis im Blick zu behalten, was beim Verzeihen förderlich ist. 🙂
Bloß keine Festplatten mehr am PC
Da ich keine drehende Festplatten in einem Client sehen wollen würde 🙂 und da ich zudem die ‚Flutschiness‘ des Systems in ungeahnte Höhen steigern will, kommt eine drehende Festplatte nicht in Betracht. Ich setze selbstverständlich eine SSD ein und wählen hierfür die superbe Samsung 850 EVO in der 250 GB Variante. Ich will für das diesem Artikel zugrundeliegende System einen Endausbau von 16GB RAM haben, erstmal jedoch nur 8GB in Form eines einzelnen Crucial CT102464BF160B DDR3 SO-DIMM einsetzen.
Für die Spannungsversorgung setzte ich wieder auf die PicoPSU-150-XT, welche auf den 24-poligen ATX Power Connector des Mainboards gesteckt wird. Die PicoPSU bringt eine am Gehäuse festzumachende Buchse mit, über welche sie von einem externen 12-Volt-Netzteil Gleichstrom bezieht und sodann für die vom Mainboard und dem Laufwerk benötigten Ströme wandelt. Als externes Netzteil ließe sich sicher alles Mögliche verwenden, was von den Spezifikationen passt und eventuell noch bei einem rumliegt, doch zickt meiner Erfahrung nach die PicoPSU dann gerne herum. Das passiert dergestalt, dass die kleine Wandlerplatine laut wird und zirpende Geräusche macht. Das hörst sich dann etwa so an, wie ein mit frischem Sprudelwasser gefülltes Trinkglas. Darum greife ich zu dem für dieses Projekt ausreichend dimensionierten und wertigen LEICKE NT03015 mit 120 Watt und 12V.
Der Zusammenbau
Wir nehmen erstmal den mittleren oberen Träger ab, welcher zuletzt unter sich die SSD verschraubt bekommen wird. Danach wird die mit dem Mainboard mitgelieferte Anschlussblende in die hintere Gehäuseaussparung geklickt.
Zu Beginn der Schrauberei wollten wir vorsichtig sein und einen kleinen Fractal Design FD-FAN-SSR2-50 R2 Gehäuselüfter mittels der von Chieftec mitgelieferten Haltebügel einsetzen. Der kommenden warmen Sommertage wegen. Darum ist auf den Fotos auch teils der Lüfter teils mit abgebildet. Doch das habe ich dann aufgegeben, weil die zu kleinen Schraublöcher am Chassis in Verbindung mit den dadurch auftretenden Kräften beim Eindrehen der Schrauben die Bügel verbiegen und auf’s zarte Lüfterchen wirken, so dass dieses hinterher mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit alles andere als leise arbeitet. Solltet ihr trotzdem auf den kleinen Lüfter für Euch bestehen, setzt ihn mitsamt Chieftecs Montagebügeln bitte vor dem Einsetzen des Mainboards ein. Ich habe in der Konsequenz komplett auf den Lüfter verzichtet und das ist legitim, solange man gewöhnliche mitteleuropäische Raumtemperaturen bei sich hat und der Rechner nicht 24/7 bei 100% CPU-Last Klimaberechnungen durchführen soll. So habe ich mit dem derart lüfterlosen Rechner hinterher im Normalbetrieb etwa 50 °C und bei Last ca. 70 °C CPU-Temperatur angezeigt bekommen.
Spätestens jetzt wird es Zeit, sich sachgerecht per Antistatik-Armband zu erden. Vorab legen wir uns die 4 passenden Schrauben für die von Chieftec vormontierten Mainboard-Abstandshalter an die Seite, nachdem wir jede einzelne Schraube kurz probiert haben. Nun greifen wir uns das ASRock Q2900-ITX!\ Das schicke Mainboard fassen wir keinesfalls am passiven CPU-Kühlkörper! Wir bugsieren nun das Q2900-ITX vorsichtig mit dessen hinteren Anschlüssen in die Anschlussblende. Dann legen wir den vorderen Teil vorsichtig ab, so dass die vier Schraublöcher des Mainboards deckungsgleich mit den Gewinden der am Gehäuse vormontierten Abstandshalter sind. Mainboard verschrauben und nun die Steckerchen der Gehäusefront mithilfe der Abbildungen des ASRock-Handbuchs aufstecken. PicoPSU Platinchen zur Hand nehmen und mit der Arretierklammer zum äußeren Rand des Mainboards wird es gesteckt, vorsichtig! Und es sollte unbedingt ganz und plan aufliegen. Hiernach wird die 12V-Buchse der PicoPSU an der Gehäuserückseite befestigt. Links und rechts sind wahlweise möglich. Einfach die Mutter vom Buchsengewinde abschrauben, die Buchse durch die Borhung führen und abschließend die Mutter von innen mit den Fingern anziehen.
Speichermodul(e) einsetzen, Kabel ein wenig ordnen, SSD an der Innenseite des oberen Trägers schrauben, so dass hinterher Daten- und Stromanschluss der SSD (von vorn gesehen) nach links zeigen. Diesen Träger wieder am Gehäuse montieren. SATA-Kabel zwischen SSD und Mainboard stecken und natürlich den SATA-Stromstecker der PicoPSU an die SSD stecken. Gehäusedeckel drauf, fertig! Vielleicht noch abschließend die Gummiplättchen an die Unterseite kleben, sofern Ihr das Chassis nicht mit den Standelementen aufrecht betreiben wollt.
Zur Inbetriebnahme bitte zuerst sorgfältig den 12V-Stecker des externen Leicke-Netzteils in die hintere Buchse (der PicoPSU) am Chieftec stecken, danach erst den 230V-Stromstecker des Leicke in die Wandsteckdose. Sicher ist sicher. Nun vom USB-Stick oder einem externen Laufwerk ein Betriebssystem installieren, im Idealfall das besagte Linux Mint Cinnamon. Dieses läuft auf Anhieb einfach genial auf dem Q2900-ITX, übrigens mitsamt Full Disc Encryption. Vielen Dank nochmals an Mr. Edward Snowden!
Der von mir gemessene Stromverbrauch dieses Systems liegt im Normalbetrieb bei 18-20 Watt. Wenn richtig was abgeht auf dem Rechner, dann werden es auch mal 30 Watt. Die Oberseite des Chieftec wurde auch im Lastbetrieb nie wärmer als gefühlt handwarm. Viel Spaß mit dem Nachbau!