Der Rechner als Arbeitsmittel hält für uns alle ganz individuell bevorzugte Anwendungsszenarien bereit. Kommt die Frage an mich nach den Top-Anwendungen, so komme ich neben den üblichen Internet Clients klar auf mein Kontakte- und Alltagsmanagement. In den Neunzigern war ich diesbezüglich mit dem Lotus Organizer sehr zufrieden. Zuerst unter OS/2 und später unter Windows hatte ich genau die gesuchte Funktionalität. Dann wurde der Lotus Organizer Abandonware, also aufgegeben. Seitdem und unter Linux wie Mac OS ist dieses Glück nicht mehr gegeben. Das Leiden währt nunmehr mindestens anderthalb Jahrzehnte.
Die gesuchte Funktionalität
Ein guter PIM (Personal Information Manager) soll mir helfen, den Wust von wichtigeren Alltagsinformationen zwecks Wiederauffindbarkeit zu organisieren. Hier will ich alle meine Kontakte, damit sind Privatleute wie Firmen und Organisationen gemeint, vollumfänglich mit allen Details einpflegen. Das zum Mac OS gehörende Apple Contacts ist , wie übrigens die Gegenstücke auf anderen Betriebssystemen und Smartphones, hierfür ungeeignet. Die dort in „Kontakte“ eingepflegten Infos sind von unseren ‚wohlwollenden‘ Companies begehrt und mit allen Möglichkeiten wollen die kleineren wie größeren Gegenspieler an diese Infos, gern verkleidet als praktische Unterstützung für mehr ’social‘.
Des Weiteren will ich kurze digitale Notizen erstellen. Immer dann, wenn ich einen Brief erhalten habe. Wann habe ich ihn bekommen? Was ist der Inhalt? Von wem geschickt? Oder wenn ich einen Brief rausschicke. Selbiges mit E-Mails und Fax-Korrespondenz (ja, gibt es auch noch, wird aber weniger). Idealerweise noch die PDFs hierzu intern in Kopie oder mit Links zu den Dokumenten am lokalen Massenspeicher oder im Netzwerk. Wenn ich mit jemandem telefoniere, dann will ich mir das kurz notieren können, mitsamt der Info ob eingehend oder ausgehend und was besprochen worden ist. Dann gehört natürlich insgesamt der Kalender mit zum Repertoire des Wichtigsten. Dann ein To-Do-Managment zum Abhaken.
Verknüpfte Daten machen die Magie
Das Wichtigste sind mit Bezug auf alle genannten Möglichkeiten die internen Verknüpfungen. Erst dann wird ein Schuh draus. Kommt ein Anruf, dann will ich beim entsprechenden Eintrag kurz aus den vorhandenen Kontakten den Anrufer auswählen und dieser ist dann verknüpft mit diesem neuen Vorgang. Gehe ich auf den verknüpften Kontakt, dann sehe ich die mit diesem Kontakt zurückliegende Korrespondenz, die anstehenden Termin und alle betreffenden Memos und Dateien wie Bilder, PDFs, Audio- und Videofiles.
Dann soll es eine allgemeine Liste aller Vorgänge geben, ganz unabhängig von einem einzelnen Adressbucheintrag. Chronologisch abgestuft will ich einfach alles sehen, z.B. heute Brief x erhalten und Anruf y getätigt, gestern Memo z angefertigt und Screenshot soundso als JPG abgelegt.
Das alles gekrönt mit einer schnellen guten Suchfunktion ergäbe den Personal Information Manager der Wahl. Aber bitte ohne Speicherung bei Fremden. Cloud unerwünscht. Sync zwischen Desktops und Smartphones will ich trotzdem haben.
Idealerweise z.B. mit der Ablage auf Dropbox und durch Boxcryptor Verschlüsselung geschützt. Das würde im besten Falle bedeuten, dass ich beim Anlegen einer PIM-Datenbank den Speicherpfad bestimmen kann oder nachträglich in den Einstellungen festlege. Soviel Seltbstbestimmung war vor Zeiten mal selbstverständlich, heute sind die App-„Entwickler“ hierzu nicht mehr willens oder imstande.
Sprachliche Verwirrung
Das Gesuchte existiert weithin in Form von CRM Softwarepaketen. CRM steht für Customer Relationship Management, also Kundenbeziehungsmanagement. Aber als Privatperson finde ich in jenen CRMs Begrifflichkeiten wie Leads, Verkaufschancen und ähnliche Businesskasper-Auslösewörter. Brauche ich nicht, will ich nicht, auch möchte ich keinen Businesspreis zahlen von gerne 30 EUR im Monat für mich einen Benutzer.
PIM steht in dem Output der Internetsuchmaschinen mittlerweile eher für Produktinformationsmanagement als für den Personal Information Manager. Macht es nicht leicht, mithilfe der Websuche eine Umschau zu betreiben. Eine Erschwernis geht immer und so nennen manche Anbieter die hier behandelte Software nicht CRM, auch nicht PIM, sondern irgendwas mit Organizer, Journal, Contact(s), oder Manager. Eine Mac Anwendung macht in der Namensgebung dann auch den Rundumschlag: ‚Contacts Journal CRM‘, welche ich zur Zeit und mit Hinnahme riesiger Kompromisse auch nutze, doch dazu später mehr.
Warum denn nicht Business CRM?
Alle habe ich sie einmal ausprobiert, zumindest jene, welche ohne die vorherige Hinterlegung von Kreditkartendaten für einen Testzeitraum mit vollem Featureset zur Verfügung gestellt werden. Viele sehen nur noch die Speicherung der Nutzdaten in der Cloud vor. Eine Katastrophe, wie ich meine. Und für teils 100 EUR pro Monat und pro Nutzer ist noch nicht einmal Qualität und Stabilität zu erwarten, wie ich sehen konnte. Spielte Geld für mich so überhaupt keine Rolle und würde ich die Business-Funktionalität im Paket ignorieren, dann käme einzig aus diesem (CRM-) Genre für mich Daylite 6 von IOSXpert infrage. Es gibt richtig gute stabile, funktonsreiche und optisch gelungene Kompilate für Mac OS und iOS. Funktionalität, Stabilität und das Zusammenspiel zwischen Desktop und iPhone sind einfach famos. Die Wahlmöglichkeit zwischen Nutzdaten gehostet bei IOSXpert und eigener Serversoftware daheim besteht. Über den Daumen gepeilt würde ich mindestens, so oder so, 300 EUR aufwärts im Jahr zahlen müssen. Das ist einfach zu teuer für mich kleinen Privatkrauter. Zumal es ein Modulsystem für erweiterte Funktionalität gibt und auf die Erweiterung DayliteDocs für besseres Dateimanagement würde ich nicht verzichten wollen. Schade drum, Daylite gefällt mir, bleibt für mich aber unbezahlbar.
Kurz über den Tellerrand in Richtung Windows geschaut
Im Laufe der letzten Monate habe ich auch einmal ein Windows 10 aufgesetzt und hier habe ich die bezahlbaren PIM bzw. Adressmanager bzw. Organizer mit internen Verknüpfungen angesehen. Es gibt in der gefährlichen spukhaften Windowswelt einige Sachen für einmalig 30 bis 60 Dollars, doch am Ende ist alles irgendwo Quark. Die Apps an sich wirken wie aus den Neunzigern, machen komische Sachen und dann das Windows drumherum. Ein einziger durchlebter Albtraum. Folgende Windows PIMs habe ich länger angeschaut:
EssentialPIM
Auf den ersten Blick nette App, schon über ein Jahrzehnt im Netz aus der Mache eine osteuropäischen Entwicklers (welcher sich in seinem Forum als ‚Max‘ bezeichnet). Aber doch ist die Software aus meiner Sicht sehr primitiv, die vorhandene iPhone-App ist mehr Viewer als vollwertiger Client und bei großer Datenmenge stürzte EssentialPIM bei mir wiederholt ab. Ganz schlimm: Keine globale Suche.
Efficcess
Hieß früher einmal EfficientPIM und hat den Namen gewchselt. Sieht in meinen Augen irgendwie wie ein altes Outlook aus. Verknüpfungen sind gegeben, ist in deutscher Sprache verfügbar und die Sache mit den individuellen Feldern gefällt mir auch. Aber die Suche mit Bedingungen ist halbherzig realisiert, so sind z.B. die Suchergebnisse nicht alphabetisch anzuordnen. Bei hohen Datenmengen ein Ausschlusskriterium. Zudem sind bei den Suchvorgängen mit Bedingungen die Inhalte der individuellen Felder (custom) nicht berücksichtigt. Das sorgte für einiges Staunen.
C-Organizer Professional kennt kein Verknüpfungen, wie ich sie mir wünsche.
Ultra Recall konnte ich nicht länger als 2 Minuten nutzen. In meinen Augen ein Bedienoberflächen-Supergau.
Chaos Intellect
Bis auf die Sache mit den großen Weltuhren eine an sich gelungene PIM Anwendung. Verknüpfungen sind gegeben. Auch als Time & Chaos ohne integrierten Mail-Client erhältlich. Keine richtige iPhone App vorhanden. Sehr gute Suche. Aber auf zwei Windows Systemen und absolut reproduzierbar immer wieder Hänger, d.h. Einfrieren der Anwendung von bis zu 3 Sekunden Länge. Darf bei der Kombination aus schneller CPU und SSD nicht passieren.
doogiePIM
Hochinteressant. Ist alles auf einmal: Browser, PIM, Phrasendatenbank, Kalender und und und und. Die ständigen Updates allerdings funktionieren nicht. Die Oberfläche ist nicht responsiv genug, zudem hatte ich zweimal Datenverlust. Das darf nicht sein!
Schlimmer geht immer und so gab es Kandidaten, die aus meiner Sicht nicht viele Worte wert sind, so z.B. Agenda At Once, ABIX, WinOrganizer, ACE Contact Manager.
Die Bereitschaft zur Verwendung von Microsoft Windows werde ich wohl nie verstehen. Das OS ist mir ein Graus und so würde ich mir denken, die Leute machen es an der angeblich so breit verfügbaren Software fest. Aber über was für eine Software reden wir da? Ich zumindest habe das Windows-Buch wieder einmal ganz fest zugemacht.
Welche PIMs zum kleinen Preis bleiben also für Mac OS?
Hier kommen wir an den Punkt, an welchem ich für Input aus der Leserschaft sehr dankbar bin. Nach vielem Suchen und Verwerfen habe ich letztlich die knapp 40 EUR für Contacts Journal CRM auf dem Mac OS Desktop und etwas obendrauf für das iPhone Pendant bezahlt und ich nutze es immer noch. Zufrieden bin ich damit nicht. Der Entwickler zaal LLC (wer immer das sein mag) hat die App seit Jahren im App Store und teils gute werbewirksame Reviews eingefahren.
Angelegten Kontakt aufrufen und damit bezogene Historie darstellen klappt. Auch die vom Einzelkontakt unabhängige Gesamthistorie einen beliebigen Tag betreffend klappt gut, aber das war es auch schon. Der Sync über Dropbox (und damit per Boxcryptor) klappt im Moment wieder einmal gar nicht. Wie schon die letzten Jahre wiederholt Ärger mit dem Synchronisieren zu verzeichnen war. Ein Speicherpfad lässt sich individuell nicht festlegen. Dateien lassen sich intern ablegen, hier gab es allerdings beim Sync mehrfach Datenverlust. Dateien werden als Icons mit Dateinamen angezeigt, das sieht fluffig aus für den ersten Blick eines hippen Reviewers, doch für den Alltagsbetrieb mit hunderten Dateien ist das ein den Nutzwert torpedierender Darstellungsfehler. Die Lösung wäre so alt wie der Computer und sicher leicht zu implementieren: Listen.
Andere ernsthafte Kandidaten fanden sich nicht. Warum das gut 110 EUR teure Gespann aus BusyContacts und BusyCal aus meiner Sicht nichts taugt, darüber ließe sich ein eigener Artikel verfassen.
Bliebe noch die Datenbank-Anwendung Ninox. Gute Sache, viele Möglichkeiten, aber nichts Optimales für mich. Ich will keine Cloud-Funktonalität von Ninox, warum muss trotzdem immer das zweite Symbol von oben rechts für die Cloud-Anmeldung zu sehen sein. Warum werden Dateianhänge nicht als Liste und nur als Symbol angezeigt? Und ich würde nicht nur gerne beim Anlegen einer neuen Datenbank zwischen ‚Lokal‘ und ‚Cloud‘ wählen können, sondern den Speicherpfad festlegen wollen. Ninox ist für mich somit raus.
So geht die Suche nach einem echten sympathischen PIM für Mac OS weiter.