In der hellen, staubfreien Welt der Rechenzentren ist die Infrastruktur für 19″-Serverschränke passend zugeschnitten und so kommen dort einige Dinge zusammen, welche Vereinen, Kleinbetrieben und Homeserver-Freunden schlicht fehlen dürften: Das Budget, die Laderampe, der Gabelstapler, die Raumhöhe und so vieles mehr. Tatsächlich ist die Beschaffung eines passenden Rack ‘for the rest of us’ ein vor allem langwieriges Unterfangen. Aktuelle Neuware von Rittal, Knürr und anderen großen Namen ist für die genannte Gruppe oft nicht bezahlbar. So konzentriert man sich auf das, was der Profisektor im Rahmen von Neubeschaffungen abwirft. ‘Auf eBay und Co finden sich dann regelmäßig Serverschränke, die auf dem ersten Blick bezahlbar und vor allem handhabbar erscheinen, doch die Ernüchterung lässt bei den meisten Auktionsfunden nicht lange auf sich warten:
- Selbstabholung wird vom Verkäufer erwartet. (Holt mal einen 150 Kilo Schrank aus dem 600 Kilometer entfernten Dörfchen)
- Per Spedition geraten die Transportkosten größer als der Jahresetat eines zentralasiatischen Kleinstaates. (Frachtkosten von 150 bis 200 EUR werden immer wieder mal für die Anlieferung auf einer Europalette verlangt)
- Schrank schlicht zu hoch. (42HE können insgesamt gerne mal 210cm hoch sein und die benötigte Deckenhöhe zum Aufstellen nach horizontalem Transport muss mindestens der Diagonale entsprechen)
- Schrank schlicht zu breit. (80cm oder gar 100cm Breite sind eine tolle Sache, um schick Kabel innerhalb des Schranks seitlich zu legen, aber diese Breite muss man auch irgendwie zum Aufstellort bekommen)
- Angst vor Inkompatibilitäten mit der vorhanden 19″-Hardware (ja, z.B. SUN …)
- Artikelzustand unklar.
Die eingangs genannte Zielgruppe sucht in Zeiten effizienter werdender Hardware, der damit einhergehenden Konsolidierung ursprünglich einzelner Rechenknechte und (vor allem) hoher Strompreise gerne auch nach einem Schrank kleiner als 42HE. Der Gedanke ist natürlich, sowohl am Preis des Racks zu sparen, als auch das Transportproblem zu minimieren. Doch oft sieht die Realität so aus, dass 24HE bis 32HE Schränke oft teurer als Ihre 42HE Pendants sind und verrückterweise ist der Speditionspreis oft genug keinen Deut günstiger, als wenn zum 2-Meter-Brocken greift.
ZPAS – Die Alternative aus Polen
Bei all der Suche stößt man im deutschsprachigen Netz fast zwangsläufig auf eine sehr interessante Alternative aus Polen. Der dort im Jahre 1973 gegründete Hersteller ZPAS vertreibt über seine Leipziger Niederlassung preislich sehr interessante Racks. Besonders dann, wenn man vorerst auf Seitenwände und Türen verzichtet, erhält man ein vergleichsweise günstiges (Grund-) Rack. Das von ZPAS über eBay angebotene Gestell OTS1 mit 24 Höheneinheiten und 80cm Tiefe kostet zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels knapp unter 240 EUR, wohlgemerkt inklusive Versand. ZPAS ist auch auf amazon aktiv und dort lässt sich alternativ das OTS1 Rack mit gleichen Dimensionen in einer kompletteren Variante (Glastür, Rückwand mit Bürstenleiste, Seitenwände, Erdungsleitungen innen montiert) für aktuell ca. 420 EUR beziehen.
Freundlich und serviceorientiert
Da der im Rahmen dieses Artikels hergenommene und später vollbestückte 24HE Serverschrank allein der Lüftung wegen keine Rückwand und keine Fronttür haben sollte, fiel die Entscheidung zugunsten des besagten 24HE Gestells aus. Geordert wurde das 19″ Gestell 24HE 600×800 RACK bei ZPAS über eBay mitsamt einem Vorrat an M6 Schrauben und Käfigmuttern, einem Fachboden 65cm tief und einer Anzahl von 55cm Führungsschienen. Insgesamt wechselten 300 EUR den Besitzer, wohlgemerkt inklusive Versand. Das ist in diesem Segment schon eine sehr positive Ansage.
Wenige Tage später lieferte der Paketdienst flache Pakete, alle einzeln tragbar! Das ist sehr positiv zu bewerten. Nach der versehentlichen Bestellung des 42HE Modells wurde übrigens noch ‘mal eben’ der bestellte Schrank auf die 24HE Variante geändert, was ZPAS sofort umsetzte, begleitet von einer sehr freundlichen Kommunikation und einer prompten Anpassung bzw. Teilrückzahlung des Kaufpreise. Ein ausgesprochen sympathischer Kontakt!
Es gibt auch Schatten
Die Montage des Schranks hat insgesamt etwa 11 Personenstunden beansprucht. Ja: 11! Anzumerken ist natürlich, dass mechanische Laien zugange waren. Mindestens zweimal haben wir die Geometrie beim Zusammenbau nicht vorher durchdacht und die Tiefenstreben (oder “C-Profile”) nicht in derselben Ausrichtung montiert.
Eine Quelle großer Unsicherheit, Recherche und immer-wieder-neu-Durchdenkenkens war die beiliegende Aufbauanleitung, datiert vom September 2010. Der Schrank selbst wurde laut Kartonage Mitte 2013 produziert. Hätten wir viel früher die im Netz befindliche aktualisierte OTS1 Bauanleitung ‘Edition: 09.2012′ als PDF gefunden, so wären uns manche Stunden erspart geblieben. Allein schon, dass die 2010er Bauanleitung nicht mit dem Inhalt der uns vorliegenden Tüte des Montagematerials übereinstimmte, brachte soviel Verwirrung in die Sache (wohlgemerkt für uns Nicht-Schlosser, Mechanikdeppen, Doppellinkshänder, Tastaturstreichler).
Einer der aufstehenden Winkel aus dem Bodenelement (“Frame’s bottom platte”) war deutlich verbogen aus dem Karton gekommen. Mit ganz vorsichtigem Biegen und letztlich durch die Montage der 4 Aufsteckelemente (“Frame’s post”) konnte das ‘ausgebügelt’ werden.
Das Schlimmste allerdings war das Problem mit abbrechenden Flachkopfschrauben. Mit denen hat man im Normalfall eigentlich nicht viel zu tun, sind diese doch schon vormontiert, zeigen nach innen und bilden die Grundlage für die Verschraubung der Tiefenstreben (“C-Profile”), an welchen wiederum die Profilschienen befestigt werden. Der Schrank wird seitens seines Herstellers für eine Nutzlast von 1000kg ausgewiesen, doch fragte ich mich zwischendrin, wie das mit den werksseitig montierten 8 Flachkopfschrauben eigentlich funktionieren soll. Zwei dieser Flachkopfschrauben, welche mit dem inneren Spannelement eine Hammerkopfschraube bilden, sind uns nämlich nach der Montage der Tiefenstreben und auch bereits nach Anbringen der Profilschienen einfach durchgebrochen. War das ein Krampf, hier die Schritte nochmals zurückzugehen, aus dem Baumarkt die nun fehlenden DIN 603 Flachkopfschrauben mit Vierkantansatz, M6 Gewinde, 35mm Länge und 13mm Kopfbreite zu besorgen und anschließend alles nochmals zu verschrauben. Vielleicht hätten wir bei der Gelegenheit gleicht die sechs anderen, noch nicht gebrochenen Flachkopfschrauben ersetzen sollen.
Es ist sehr gut möglich, dass die Flachkopfschrauben durchaus von akzeptabler Materialqualität sind und wir bei Anbringung der C-Profile einfach die Muttern zu fest angezogen haben.
Als Kleinigkeit wäre abschließend noch eine scharf geratene Falz an einer der vorderen Ecken des Daches unseres OTS1 Exemplars zu nennen. Aber das konnten wir mit einem breiten Schlitzschraubendreher und einem Gummihammer problemlos
Das Ergebnis
Nach allen Mühen haben wir einen mit zwei Personen tragbaren Serverschrank montieren können, welcher sich durchaus robust anfühlt und dank der mitgelieferten Nivelierfüße bombenfest aufgestellt werden konnte.
Vieles an dem Schrank ist sehr sauber und robust gefertigt, mutet wirklich hochwertig an und so konnten wir auch keine Fehler im Lack bzw. der Pulverbeschichtung entdecken. ZPAS hat abseits von seinen Auftritten bei den großen Verkaufsplattformen einen Produktkatalog auf dem eigenen (etwas langsamen) Server. Hier lassen sich etwa Mittlere Profilschienen ordern, Seitenwände für den OTS1 und vieles mehr.
Nach unserer ersten Selbstmontage eines Serverschranks ziehen wir den Vergleich mit Möbeln aus diesem großen schwedischen Möbelhaus: Man lässt etwas Lebensenergie beim Aufbau, wohnt danach aber noch schöner und alle Mühen waren es wert
Abschließend möchte ich den OTS1 für das Homeserver-Lager unbedingt empfehlen. Zieht vor dem Aufbau Schuhe an (fragt nicht …), holt Euch das aktuelle Aufbau-PDF von ZPAS aus dem Netz, überlegt vor jedem Montageschritt und zieht die Schrauben nicht so fest an, wo Auflageflächen ohnehin die Stabilität gewährleisten. Dann erhaltet ihr ein gutes 19″ Rack für ein Geld nach Hause, wo andere Gebrauchtschränke preislich erst anfangen.