Es kam der Gedanke auf, unter Mac OS X eine kleine Datenbank anzulegen und mit Werten zu füllen. Der Wunsch nach einer Inventarisierung des häuslichen Krempels schien aus verschiedenen Gründen sinnvoll. Beispielsweise, um für die Hausratversicherung und einen möglichen Schadensfall eine Aufstellung bereitzuhalten. Allein der Gedanke daran, sein ungenutztes Hab und Gut mit eindeutigen Indexnummern zu etikettieren und jederzeit transparent zu machen, was man wo hat, das machte schon Lust auf die Datenbankpflege.
Nichts Aufwendiges sollte es ein. Wenige Wünsche sollte die Datenbank erfüllen:
- Einfach in der Struktur und ohne großen relationalen Verknüpfungen.
- Somit lediglich eine flache Hierarchie mit ein paar Feldern. Im wesentlichen für die genannte Indexnummer, die Bezeichnung, den Ablageort, das Herstellungsjahr, Kaufpreis, Foto und PDF-Anhang (für Quittungen oder Handbücher).
- Ein individuell einstellbarer Reportgenerator wäre wünschenswert. Dann vielleicht auch eine abgesetzte App fürs iPnone bzw. das iPad, um fern des Mac Daten sichten und pflegen zu können, aber auch, um bestehende Datensätze mit passenden Fotos zu versorgen.
- Darüber hinaus wünscht man sich natürlich noch, dass die Datenbankapplikation oder das DBMS einer Entwicklerbude entstammt, welche nicht schon vor 50.000 Jahren das Produkt ins Netz oder in den AppStore stellte, um dann nie wieder von sich hören zu lassen. Eine regelmäßige Produktpflege ist angesichts der Dynamik in Sachen OS und Sicherheit unerlässlich.
- Ganz am Ende wäre da noch der bescheidene Wunsch nach einer gefälligen Optik, schließlich nutzt man den Mac und keine Windowskiste.
Nach zwei Tagen des Suchens und Herumprobierens nach einer passenden und günstigen Lösung für den Mac bleibt festzustellen, dass die Lage ganz schön traurig ist. Es scheint kein nutzerorientiertes DBMS für den Mac zu geben, welches wirklich alles richtig macht. Fast alle haben Sie ein schickes Logo für den AppStore und auf dem ersten Blick auch schicke Oberflächen, doch bei näherem Hinsehen ist vieles Murks.
Getestet habe ich für den eingangs genanten Zweck die Programme Bento, Compartments, Panorama Sheets, iDatabase, OpenOffice, HomeInventory und Tap Forms. Die teure Alternative, nämlich das FileMaker Pro lassen ich aussen vor, weil es deutlich über 300 EUR kostet und für diesen Anwendungszweck der Schuss mit dem Todesstern auf den Spatzen wäre. Diese vorgenannten 7 Anwendungen und einige andere der Nennung zur Gänze unwürdigen Datenbankprogramme hinterließen bei uns den Eindruck, dass manche Entwickler überhaupt keine Ahnung von der Materie Datenbank oder gar dem Programmieren an sich haben. Was man dafür immer hat, sind schicke Produktwebsites mit vollmundigen Versprechungen für Software, die sich im Feldeinsatz als hohl und absturzfreudig erweist.
Gehen wir die getesteten Programme einmal kurz durch:
Bento v4.1.2 von FileMaker Inc., Preis 44,99 € im Mac App Store
Mit der großen Datenbanksoftware aus gleichem Hause hat Bento kaum etwas gemein. Eine gegenwärtig nicht zu empfehlende Software, welche die Moderne komplett verschläft. Ich habe die Software bereits kurz nach ihrem Erscheinen verschmäht und viel Fortschritt scheint es seitdem nicht gegeben zu haben. Im Gegenteil: Die Nutzerkritiken im Mac App Store sprechen da auch Bände.
Compartments – Home Inventory v1.7.5 von LittleFin Software, Preis 5,99 € im Mac App Store
Damit habe ich nicht lange gespielt. Innerhalb von 20 Minuten mehrfach mitsamt Datenverlust abgestürzt. Kleine ärgerliche Details wie nicht formatgetreu angezeigte Fotos missfallen ebenso. Insgesamt ist die Software selbst für den gedachten Einsatzzweck zu primitiv.
Panorama Sheets v6.0 von ProVue Development, Preis 35,99 im Mac App Store
Die Optik ist nicht nur kein Mac-Standard, sondern einfach nur grausam. In der Tabellenansicht sind Spalten gar nicht oder nur mit Glück in der Breite veränderbar, fast so, als würde ein eigener interner Maustreiber ein Gelingen verhindern wollen. Das letzte Programmupdate scheint vom Januar 2011 zu sein. In dem Zusammenhang wundere ich mich angesichts der Feststellung, dass ProVue seit 1978 Software produziert und seit 1984 Software für den Mac auf die Beine stellt.
iDatabase v2.3 von Apimac, Preis 5,99 € im Mac App Store
Hier decken sich die 1-Stern-Negativbewertungen im Mac App Store absolut mit unseren Erfahrungen. Die Software ist simpel und wirkt unfertig. Zum Beispiel berücksichtigt die Software die Vorgaben aus den Systemeinstellungen nur, wie sie es für richtig hält. Ist als Währungstrennzeichen ein Komma vorgegeben und wird dieses getippt, setzt die Software einen Punkt. Das Datum wiederum wird den Vorgaben entsprechend dargestellt (was bei den anderen Probanden auch vorkommt).
Apache OpenOffice v3.4.1, kostenlos
Hier meine ich, der Datenbank-Part von OO versucht irgendwie, das (leider gute) MS Access nachzuahmen. Dieses geschieht allerdings sehr schlecht. Die Oberfläche ist auf dem Mac eine Zumutung. Nach dem Anlegen und Befüllen der Datenbank lieferte der PDF-Export zwar das Design, aber leider keine Feldinhalte. Manchmal ist geschenkt noch zu teuer.
Home Inventory v2.6.4, Von Binary Formations, Preis 8,99 im Mac App StoreGrundsätzlich gut gemacht. Stundenlang habe ich damit herumprobiert und es gab nicht einen Programmabsturz. Das ist so keineswegs selbstverständlich. Als iOS Zusatz gibt es die zwei kostenlosen Apps Home Inventory Photo Remote und Home Inventory Mobile Backup. Photo Remote interagiert mit dem Hauptprogramm leider nicht über Dropbox oder iCloud, sondern nur dann, wenn beide Anwendungen im selben WLAN sind. Übrigens: die gleichnamige iOS App Home Inventory von Gotta Have it! Software Inc. hat mit dem hier getesteten Produkt nichts zu tun und ist nicht vom gleichen Hersteller.
Home Inventory ist weniger ein DBMS, sondern vielmehr eine spezialisierte Inventarsoftware. Diese gefällt uns wirklich gut, auch wenn die Reports nicht fein selbstgestaltet werden können und eine Tabellenansicht auch hier fehlt.
Wählt man in Preferences-Local Backup “Create a backup of my inventory file each time is opened”, dann wird dort auch nur das Datenbank-File abgelegt, nicht die Attachments. Sehr unschön.
Ist die Datenbank unverschlüsselt, speichert Home Inventory die SQLite-Datei nach /Dokumente und sämtliche Fotos und Anhänge landen (ja, ich musste suchen) in /Benutzer/Library/Application Support/Binary Formations/Home Inventory/. Wird die Datenbank verschlüsselt, landet absolut alles in der einen SQLite Datei im /Dokumente Ordner, was uns sehr gefällt, aber die Frage aufwirft, wie es mit der Performance bei sehr vielen Datensätzen mitsamt Fotos und Quittungs-PDFs aussehen wird. Sei es drum, Home Inventory ist eine gutgemachte Software. Diese liegt zur Zeit leider nur in englischer Sprache vor. Home Inventory wird im Moment noch für vergünstigte 8,99 € im Mac App Store feilgeboten.
Tap Forms Database in der Version 1.1 von Tap Zapp Software Inc., Preis 21,99 € im Mac App Store
Mit Tap Forms kann man alle möglichen Datenbanken anlegen. Die auch in deutsch vorliegende Software sieht wirklich schick aus, gehorcht allerdings auch zu sehr dem Simplizitätsprinzip aktueller App-artiger Software. D.h., es gibt auch hier keine klickbare Formularansicht mit den eingepflegten Datensätzen. Leider gibt es auch kein Äquivalent zur sehr gelungnen Album-Ansicht von Home Inventory. Aktiviert man die Verschlüsselung, wird zwar die Datenbank an sich verschlüsselt, nicht aber die Fotos und Anhänge. Das überrascht, ist ein grobes Versäumnis des Entwicklers und erschreckend unvernünftig! Auch hier musste ich die Pfade leider wieder suchen und sie sind nicht frei wählbar.
In /Benutzer/Library/Containers/com.tapforms.mac/Data/Dokuments/TapForms_db.sqlite versteckte sich die Datenbank. Die Fotos und PDFs fanden sich bei uns ebenfalls versteckt an folgenden zwei Orten: /Benutzer/Library/MobileDocuments/FXLPHZS84D~com~clickspace~tapforms/Docoments/photos/
/Benutzer/Library/MobileDocuments/FXLPHZS84D~com~clickspace~tapforms/Share/Attachments/
Tap Forms ist im Verlauf von etwa 2 Stunden dreimal abgestürzt. Wohlgemerkt auf einem Mac mit ECC-RAM, welcher sonst einen makellosen Dauerbetrieb bewältigt. Immerhin hat Tap Forms bei keinem dieser absolut reproduzierbaren Abstürze einen Datenverlust nach sich gezogen. Da bleibt ein ungutes Gefühl.
Das Fazit nach alledem ist keineswegs das Ideal einer Wohlfühlsoftware auf dem Mac. Da ist ein ähnlich schlechtes Befinden im Spiel wie bei den Pro Apps von Apple: Man kann durchaus damit arbeiten, aber die Details sind unschön und die Produktpflege könnte ambitionierter sein. So bleiben nur zwei fürs Geld durchaus empfehlenswerte ‘Apps’. Diese hören auf die Namen Home Inventory und Tap Forms. Home Inventory stürzt nicht ab. Das ist leider schon ein Alleinstellungsmerkmal. Und es verschlüsselt die Anhänge mit, was auch gut ist. Tap Forms macht trotz der Widrigkeiten Spass. Hervorzuheben ist der sehr gut gelungene Sync-Prozess zwischen der ‘Tap Forms Datenbank’ für Mac OS X und der Tap Forms Datenbank fürs iPhone über die iCloud. Das flutscht nur so. Und hat man die Daten auf dem Desktop mittels der großen Tastatur eingepflegt, so macht das Fotografieren mit der äquivalenten iPhone App hinterher sogar richtig Spass, weil die Sache gut gemacht wurde.
So ist das oft auf dem Mac: Man ist leidensfähig, im Wissen, dass es da draußen noch schlimmer ist.